6. "Montagsdemo" gegen eine Unterkunft für Geflüchtete durch Marzahn

Montag, 8. Dezember 2014

Am 8.12.2014 veranstaltet die Bürgerbewegung Marzahn (BBM) ihre sechste "Montagsdemo" mit dem Motto "Wir wollen kein Containerdorf für Asylschwindler in Berlin Marzahn. Wir haben die Schnauze voll, dass Asylbetrüger sich frei austoben können." Aufgrund der Erstanmeldung einer Gegendemonstration startet der Aufmarsch an diesem Montag in der Franz-Stenzer-Straße Ecke Märkische Allee am Einkaufszentrum Eastgate. Wieder hält der Anmelder René Uttke die Eröffnungsrede. Dabei erklärt er die linken Demonstrant_innen zu einer "Verbrecherbande", für deren Taten die bekannten "politischen Hintermänner und -frauen (...) die Rechnung zahlen" werden. In einem weiteren Redebeitrag dankt er den Initiator_innen und Spender_innen einer Kleiderspenden-Aktion "für unsere deutschen Mitbürger". Schon in den Tagen zuvor wurde auf der Facebook-Seite der BBM zu Kleiderspenden für deutsche Obdachlose und Bedürftige aufgerufen. Zum Anderen forderte Uttke die Teilnehmer_innen der rassistischen Demonstration auf, „einen kleinen Obulus“ für die verwendete Infrastruktur wie PKW, Teeküche und Benzin zu spenden.Von einem weiteren Redner erfolgt eine Klarstellung, gerichtet an die anwesenden Journalist_innen, wonach der Mob in den vergangenen Wochen „Lügenpresse - Halt die Fresse!“ gerufen hätte und nicht „Lügenpresse - Auf die Fresse!“. Nach Aufforderung vom Lautsprecherwagen wird die Parole von den Teilnehmer_innen skandiert. Die wenigen anwesenden Journalist_innen sollen laut Pressemeldungen auch an diesem Montag an ihrer Arbeit gehindert und bedroht worden sein. Dem vor dem Start ausgesprochenen Verbot verfassungsfeindlicher Symbolik, Alkoholkonsum und Vermummung kommen auch bei diesem Aufmarsch viele Ordner_innen und Teilnehmer_innen nicht nach.Die organisatorischen und ausführenden Aufgaben werden weiter vom selben Kreis aus der Berliner Naziszene übernommen. Neben den Kreis- und Landesvorsitzenden der NPD, Andreas Käfer1 und Sebastian Schmidtke2 nehmen dieses Mal auch der Bundesvorsitzende Frank Franz und dessen Stellvertreter Ronny Zasowk teil. An der Demonstration beteiligen sich bis zu 550 Personen, wobei der Anteil organisierter Nazis im Vergleich zu vorigen "Montagsdemos" nochmals deutlich angestiegen ist.Die rechte Demonstration startet gegen 19:30 und führt über die Franz-Stenzer-Straße, Raoul-Wallenberg-Straße, Lea-Grundig-Straße, Rudolf-Leonard-Straße und Schönagelstraße. Dort kommt der Aufmarsch gegen 20:30 Uhr zum Stehen, da die zeitgleich stattfindene antifaschistische Demonstration bereits zuvor an der Kreuzung Landsberger Allee Ecke Blumberger Damm eintrifft und diese mit einer Kundgebung besetzt hält. Damit kann die BBM an diesem Abend nicht wie gewohnt den zukünftigen Standort des Containerlagers für Geflüchtete passieren, was unter den Teilnehmer_innen für großen Unmut und aggressive Parolen sorgt. In weiteren Redebeiträgen werden Bezüge zur Unterkunft für Geflüchtete in der Hellersdorfer Carola-Neher-Straße, die Aufmärsche der PEGIDA in Dresden und einen bevorstehenden "Flächenbrand" in Deutschland hergestellt. Der Aufzug wird weiter über die Raoul-Wallenberg-Straße, Marzahner Promenade, Franz-Stenzer-Straße und zurück zum Startpunk geleitet. Zum Abschluss spricht ein vermeintlich seit anderthalb Wochen wohnungsloser Mann, der dem Sozialstaat eine Bevorzugung von "Ausländern" vorwirft und daraufhin jubelnde Zustimmung von den Teilnehmer_innen erhält.Es werden die bereits bekannten Kampagnen-Transparente aus dem Kreis der Organisator_innen mitgeführt. Obwohl in den Tagen zuvor via Facebook ein Ideenwettbewerb zum Sammeln potenzieller Demo-Parolen initiiert und von den Unterstützer_innen gut angenommen wurde, glichen die verbalen Äußerungen denen der Vorwochen.Im Umfeld der Gegendemonstration kommt es mehrere Male zu Pöbeleien und Bedrohungen durch Nazi-Kleingruppen. Gegen 21:20 Uhr wird auf dem Blumberger Damm in Höhe der Ringenwalder Straße von einem Balkon aus ein Sprengkörper auf die Teilnehmer_innen geworfen. Weiterhin kommt es zu Versuchen die Teilnehmer_innen gezielt abzufilmen. Die Polizei nimmt am S-Bahnhof Mehrower Allee sowie am S-Bahnhof Ostkreuz unter unverhältnismäßiger Anwendung von massiver Gewalt mindestens drei Personen aus fest, die sich zuvor an der Antira-Demo beteiligt haben sollen. Es sind circa 600 Polizei-Beamt_innen im Einsatz, auf schweres Gerät wird an diesem Abend scheinbar verzichtet.Später in der Nacht wird ein Mann festgenommen, der den Bauzaun um das Gelände des geplanten Containerunterkunft beschädigt und einen Mitarbeiter des Wachdiensts mit Pfefferspray angegriffen haben soll.

  • 1. auch "Bürgerbewegung Hellersdorf"
  • 2. auch dem Netzwerk "Nationaler Widerstand Berlin" zugehörig
Quelle(n): 
Berliner Morgenpost Online am 8.12.2014
Berliner Zeitung Online am 8.12.2014
Der Tagesspiegel Online am 9.12.2014
http://akmh.blogsport.eu/2014/12/antifa-und-zivilgesellschaft-gemeinsam-gegen-rassismus/
https://greenythekid.wordpress.com/2014/12/09/fotos-und-kurzbericht-antira-demonstration-in-marzahn-08-12-2014/
http://www.demotix.com/news/6441721/far-right-march-sparks-anti-fascist-protest-berlin-marzahn
http://www.lichtenbergmarzahnplus.de/spenden-nur-fuer-deutsche/
http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/demonstrationen-marzahn-gehen-die-6-runde-9879/
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